Liebe Gemeinde, versammelte Leserschaft.

Einmal im Jahr ist es soweit, da packt der Deutsche sein Hab und Gut (vornehmlich kurze Hosen, karrierte Hemden, Sandalen und weisse Tennissocken) in einen Discounterkoffer, legt noch thüringer Salami, badischen Wein und Klosterfrau Melissengeist dazu und zieht gen Süden. Dazu zwängt er sich, je nach Gusto, Kasse und eigenem klaustrophobischen Empfinden ins Auto, die Bahn, den Bus oder Flieger. Wie auch immer. Er verstopft. Nämlich die Autobahn, den Schienen- oder Luftverkehr.

Dieses scheinbar angeborene Rudelverhalten nennt man gemeinhin Urlaub. Eine Zeit der Entspannung, des Ruhens und Auftankens (und damit meine ich jetzt nicht die Pausen um das eigene Vehikel mit Sprit zu versorgen) Doch bis der sogenannte Urlauber (gemeinhin auch Tourist geschimpft) am Ziel anlangt, hat er schon ein halbes Dutzend Infarkte gehabt. Oder verursacht.

Der Pauschaltourist bezieht – Verzeihung: besetzt – als erstes Generalstabsmäßig sei Hotelzimmer und übernimmt dann die Kontrolle über die Liegen am Pool. Ich muss hier nicht weiter ins Detail gehen. Jeder kennt die Geschichten aus dem Bettenburgenland. Anschließend wird der all-inklusive Speisesaal gestürmt. Hier wird sich, mit Gabel und Teller bewaffnet, mit anderen „Mitreisenden“ um das hochwertige Buffet aus fertig abgepackter Mortadella und Mikrowellenkartoffeln geprügelt, der Teller haushoch mit allerlei Leckerei belegt nur um es anschliessend dann doch dem Abfall zu überlassen. Egal. Die aus Nummer 213 haben es nicht bekommen, darum ging es. Sieg.

Die Poolbar ist das nächste Ziel. Den ein oder anderen Drink kann man sich ja gönnen bevor man den Weg zum Strand antritt. Also her mit dem Bier, der Weissweinschorle oder der angepreisten „lokalen Spezialität“ (meist mit irgendeinem Fruchtsaftkonzentrat versetzter Wein oder Aldi-Wodka, aber wer merkt das schon?) gefröhnt. Kurzer Realitätscheck: bin ich noch nüchtern genug? Dreimal die eigene Zimmernummer aufgesagt und an den Strand gewankt. Dort angekommen wird einem klar wie schnell doch im Urlaub die Zeit vergeht und winkt der untergehenden Sonne hinterher.

Durch den Alkoholdunst dringt die Erinnerung an das hervorragende Abendbuffet. Also kämpft sich der Entspannungswillige wieder zurück ins Hotel. Je nach Zustand von Geist und Körper (also abhängig von der Menge der „lokalen Spezialität“) wird direkt in Badehose und Flip Flops das Restaurant geentert oder vielleicht doch noch die traditionelle Urlauberuniform angelegt: jene unsäglichen kurzen Hosen, karrierten Hemden und weiss-besockten Füsse in Sandalen. Ein Anblick der sich jedem nüchternen Gast für immer und ewig ins Hirn brennt. Apropos brennen: Es wird Zeit für den ersten Weinbrand. Oder eben der lokalen Spezialität. Oh Gott, wenn ich mich noch mal wiederhole weise ich mich selbst ein. Wie dem auch sei. Sturzbetrunken – Entschuldigung – leicht beschwippst lässt sich so ein spannender und amüsanter Abend, begleitet von einem alternden Entertainer mit Bontempi-Orgel, auch leichter ertragen. Macarena ahoi. Da tanzt das Altersheim im Kettenhemd.

Wo war noch mal diese lokale Spezialität? Ich ertrag das nicht.

Und sonst so? Ich packe gerade meine Koffer und fliege dann nach Deutschland um meinen Urlaub in Kroatien anzutreten. Bei lieben Leuten, gutem Essen und lokalen Spezialitäten. Živjeli!