Ich möchte schon länger gerne etwas offenblendiger fotografieren und überlegte lange und intensiv mir das Olympus M.Zuiko 45mm/ƒ1.2 Pro anzuschaffen. Dem gegenüber stand die Tatsache, das ich für das gleiche Geld eine Sony A7 mit einem 85mm/ƒ1.8 bekommen kann. Der letzte Cybersale bei Amazon war dann das Zünglein an der Waage.

Bisher fotografierte ich Personen fast ausschließlich in meinem kleinen Heimstudio und meine Oly mit dem 12-40/ƒ2,8 Pro ist ein echtes Arbeitstier, aber ich wollte schon immer gerne etwas mehr offenblendig arbeiten. Mein M.Zuiko 75mm/1.8 ist durchaus eine angenehme und unglaublich scharfe Linse, aber man braucht doch einiges an Abstand zum Model (150mm equiv KB) und eine ziemlich kräftige Stimme um die Distanz zu überbrücken. Es ist also nicht immer einfach und so rückte immer häufiger das M.Zuiko 45mm/1.2 Pro in meine Aufmerksamkeit. Jetzt sind Olympus Pro Linsen durchaus ihren Preis wert, aber eben auch nicht billig.

Seit längerem schiele ich deswegen auf offene 85mm an Vollformat und es war klar das ich sehr wahrscheinlich zu einer Sony greifen würde, da es zum damaligen Zeitpunkt (ich schaue schon seit 2018 immer mal wieder) kaum andere spiegellose Optionen für mich gab. Ich spielte sogar kurz mit dem Gedanken preiswert eine gebrauchte Nikon D3 anzuschaffen. Aber wie gesagt: nur kurz. Es war eigentlich nur ein latenter Wunsch, keine konkrete Planung, und ein kompletter Systemwechsel kam (und kommt) auch nicht in Frage.

[Update 29.04.2021: mittlerweile fotografiere ich nur noch mit der Sony und habe die meisten Olympus-Objektive verkauft.]

Der Cybermonday bzw. die Cyberweek 2019 bei Amazon spielte einige preiswerte Sony A7 (erste Generation) in mein Postfach und ich war geneigt zuzugreifen. Da ich die Kamera als Zweit-Body anschaffen wollte, gab es – auch seitens meiner Regierung – ein klar abgegrenztes Budget welches eigentlich™ für die Beschaffung eines M.Zuiko 45mm/ƒ1.2 eingeplant war.

In diesem Budget lag entweder ein a7 Kit (erste Generation) oder, nach ein wenig überlegen, evtl. eine gebrauchte a7 II von eBay. Sonderlich begeistert war ich von keiner Option. Der Gedanke an die a7 II (etwas ergonomischer Body, IBIS, ) saß tief, also fing ich an erst mal nach passenden 85mm Objektiven zu fahnden. Und zu rechnen.

Der Zufall will es, das bei den Amazon Warehouse Deals eine a7 II zu einem sehr guten Preis auftauchte. Angeblich in bester Verfassung, nur ein kleiner 3mm Kratzer am Gehäuse laut der Beschreibung von Amazon. Klasse, jetzt brauchte ich nur noch ein billiges Objektiv um die Zeit bis zur nächsten Budgetfreigabe zu überbrücken. Also wanderte ein Sony FE 50/1.8 mit in den Warenkorb.

Mittlerweile habe ich einige Testberichte über ein 85mm/1.8 von Viltrox gesehen – eine Marke die bisher nur für Objektive mit manuellem Fokus bekannt war. Das 85mmF1.8 STM war relativ neu auf dem Markt, deutlich preiswerter als die 85mm Optionen von Sony oder Samyang und die Tester durchaus angetan von der Vollmetall-Linse. Und es war bei Amazon lieferbar.

So gerüstet ging ich in die nächste Budget-Diskussion mit meiner Finanzverwaltung. Einige harte Verhandlungsrunden später, sowie meine Zusage bei der Anschaffung neuer Küchengeräte nicht mehr quer zu schiessen, war der Verfügungsrahmen angepasst (Die neue Kitchen Aid war übrigens schneller bestellt als ich meinen Warenkorb bei Amazon abschicken konnte).

Rechtzeitig zum Jahreswechsel lag sie dann auf dem Tisch: eine Sony a7 II, ein Sony FE 50/1.8 und das Viltrox 85mm/1,8. Abgerundet wurde das ganze mit einem Batteriegriff, ein paar weitere Speicherkarten, einem Karton Zusatzakkus und einem Doppellader.

Wie es halt so ist hört man dann ja doch nicht auf. Da ich plante die Kamera vor allem für Outdoor-/On-Location zu verwenden, shoppte ich weiter. Also bestellte noch einen schicken Kameragurt und eine neue Kameratasche. Wieviele Kamerataschen braucht man eigentlich so als Fotograf? Ich frage für einen Freund.

Nach ein paar Probeshootings am Strand und im Park (das Viltrox 85mm ist ein Traum!) fing ich an die Sony auch mal für Portraits im Studio zu verwenden, später auch mit LED Dauerlicht. Ich hatte da noch diese Yongnuo YN360 LED-Stäbe ungenutzt im Schrank liegen. Mir gefallen die Hauttöne, die die Sony produziert, sehr gut und ich bestellte noch einen Sony-Controller für meine Godox Studioblitze und fing an das 50er öfter zu verwenden (für 85mm ist mein Studio – bis auf nahe Portraits – dann doch etwas zu klein).

Nun. Es kommt wie es kommen muss. Ich habe immer häufiger zur Sony gegriffen und die Oly kam nur noch zum Einsatz wenn die Sony nicht fokussieren wollte (der AF am 50er ist bei wenig Licht ist etwas tricky und langsam) oder ich kürzere Brennweiten brauchte.

Am Ende habe ich doch noch nach einem Standard-Zoom geschaut und das Tamron 28-75mm/ƒ2,8 für die Sony beschafft. Die Tage der Olympus im Studio waren gezählt…

Neue Arbeitskombo: Sony A7II mit Tamron 28-75mm/F2.8

Mittlerweile ist die Sony a7II meine Hauptkamera für die Personenfotografie geworden und ich experimentiere gerade mit WiFi-Tethering herum (via qDSL Dashboard auf einem Android Tablett). Den Batteriegriff / Hochformatauslöser verwende ich allerdings dann doch nicht, für den gewünschten Halt sorgt ein Smallrig-L-Bracket. (Nach ein wenig Umgewöhnung hat sich der Hochformatauslöser doch noch in mein Herz geschlichen. Hinzu kommt noch die Tatsache das ich pro Shooting die beiden Akkus im Griff locker durchjage.)

Umstellung verlangt vor allem das neue Format: 3:2 ist deutlich „länger“ als das von mir bisher gewohnte 4:3 der Oly. Musste ich vorher nur ein wenig croppen wenn ich das Bild auf Instagram posten möchte, so muss ich mir jetzt schon beim fotografieren überlegen wo ich später beschneiden werde oder auf Balken beim Post ausweichen.

Macht Vollformat wirklich einen Unterschied?

Kurz gesagt: ja. Egal wie man sich mFT „schön redet“, in der Personenfotografie hat es seine Nachteile. Die unglaubliche Brillanz und geringe Tiefenschärfe, die ich bei kommerziellen Anwendungen wie Food-Fotografie und in der Immobilienfotografie benötige, steht mir in der Portraitfotografie im Wege. Ich kann nicht beliebig lange Brennweiten verwenden um meine gewünschte Freistellung erzeugen, die Kompression schlägt beim Zuiko 75mm (equiv. 150mm) unbarmherzig zu und wenn ich dazu noch auf der anderen Straßenseite stehen muss, dann bleibt mir nur übrig mit dem Model per Walkie Talkie zu kommunizieren. Das Olympus 45mm/ƒ1.2 ist eine wundervolle Linse, kam aber für mich zu spät auf den Markt.

Der Umrechnungsfaktor für den Bildwinkel / für die Brennweite (gern auch „Crop-Faktor“ genannt) gilt auch für die Tiefenschärfe. Offene f2,8 an Micro Four Thirds entsprechen f5.6 an Kleinbild:

Kein akademischer Vergleich, aber links mFT 40mm bei f2.8 und rechts Vollformat 66mm bei f5.6

Um den Look eines Vollformat 50mm/1,8 an mFT zu bekommen, brauche ich an mFT ein 25/0.95. Diese Linsen kosten richtig Geld und sind manuelle Objektive – und egal wie entschleunigt ich fotografiere, ich mag einfach einen guten Autofokus.

Im Studio hat mFT den Vorteil das ich mit f4 fotografieren kann, das schont die Blitze und sorgt und für kürzere Blitzfolgen wenn es sein muss. Geht es aber um Dauerlicht oder Available Light, dann ist bei meiner E-M1 bei ISO400 Schluss, alles was drüber ist kann man nicht guten Gewissens anbieten. Die Sony schiebt mir locker ISO3200 auf die Karte ohne das ich es überhaupt bemerke. Allerdings würde ich, hochgelobt hin und her, auch nicht weiter gehen.

Beispiele / Testbilder

Anbei ein paar Aufnahmen mit der Sony, überwiegend Testbilder mit dem 50mm und 85mm bei Dauerlicht. Und natürlich Nelson mit dem Tamron bei 75mm und f2.8.

Und ja: das Menüsystem der Sony ist wirklich grottenschlecht 😆