Es klirrt neben mir. Ich stelle langsam meine Tasse ab und schaue fragend meine Kollegin an, welche mit Sektflaschen klappernd an meinem Schreibtisch steht. „Kommst Du oder brauchst Du eine Extraeinladung?“

Schon seltsam welche Hektik kurz vor Feierabend entstehen kann. Die Kollegen rennen emsig hin und her und  Putzfrauen wuseln zwischen unseren Schreibtischen. Wir tun so als ob uns das nicht interessiert. Langsam drehe ich mich zu meinem Mac herum, beende die Mail und schließe das Programm.

Ich folge meiner Kollegin die Treppe hoch und schlurfe in die IT Lounge. Ein großes „Hallo“ und Rotkäppchen. Prima. Ich liebe den Sekt. Ein Glas von dieser billigen Vertreterbrause und ich singe „La Paloma“ auf der roten Couch. Vorsichtig das Glas mit der scheinbar geringsten Füllmenge aus der Menge gegriffen und mit der freien Hand Erdnüsse aus der Schale gefischt. Spitze, wenigstens gibt es Abendbrot.

Vergangene Projekte werden gefeiert, ein Dutzend Toasts auf ein Dutzend Personen gesprochen und Einzelleistungen innerhalb des Teams gelobt. Genau sowas haben wir gebraucht. Einige von uns haben Beziehungen verloren, haben viel Blut gelassen, verbrannte Erde liegt hinter uns. Aber wir sind voll es Lobes. Schöne neue Marketingwelt. Herzlich Willkommen in der Realität. Das ist halt nichts für Leute die mit Drogen nicht klarkommen, nichts für Weicheier.

Das Pflichtprogramm schaffen wir gerade eben noch ohne größere verbale Ausfälle. Richtig gelöst ist die Stimmung nicht. Kein Wunder, die Geister der Vergangenheit lasten wieder schwer auf uns. Weihnachten 2006, wo wir Heiligabend um elf Uhr abends noch Tests gefahren sind, die Kinder nörgelnd vorm Weihnachtsbaum und die Frau mit Scheidung drohend. Meine Ex ist damals gleich zu ihrer Mutter gefahren, ein paar Wochen später zog sie dann ganz aus. Nun, das ist jetzt nicht mehr zu ändern.

Die ersten Teilnehmer verabschieden sich leise aus der Runde, wie üblich bleibt der harte Kern übrig. Schweigend, jeder in sein Glas starrend und eigenen Gedanken nachgehend. Ob nun trübe oder erfreulich kann ich nicht erkennen. Ein Junior hat sich wirklich profiliert in diesem Projekt. Und dafür mit einem Nervenzusammenbruch bezahlt. Wir gratulieren ihr und erklären das sie wunderbare Arbeit geleistet hat. Keine Ahnung ob das wirklich angekommen ist. Es war ihr erstes Projekt und es ist fast gecrasht. Ich vermute mal das so was an einem wirklich nagt und das Selbstbewusstsein darunter leidet.

Wir räumen den Raum auf, bringen die leeren Gläser in die Küche. Schweigend. Was sollen wir auch erzählen. Alles ist gesagt, gedacht, gelitten. Wir sind froh das wir es geschafft haben. Wollen auch nicht mehr darüber reden. Wollen abschliessen.

Es ist kurz nach zwölf, die Kollegen sind mittlerweile alle heim gegangen. Ich gehe runter an meinen Computer. Stelle fest, das mein Blackberry neben dem Telefon liegt. Er blinkt. Teilt mir mit, dass neue Mails vorliegen. Ich beende mit einer Geste der Maus die Bildschirmschonerträume meines Computers.

Ein neuer Projektauftrag. Morgen früh um Acht ist das Briefing.